Küchenfensterblick
Montag, 12. Februar 2007
Wut
Ich bin 19. Ich kann selber denken, schreit er die beiden anderen an. In diesem Moment kippt es.

Die Stimmung war den ganzen Nachmittag schon gereizt. Sie hatten sich ein paar Bier geholt an der Tanke und sich im kleinen Siedlungspark getroffen. Zu dritt erst, dann kamen noch ein paar aus den anderen Blocks dazu und so standen und saßen sie rund um die steinernen Tischtennisplatten.

Eigentlich mochte er diesen Ort nicht mehr mit anderen teilen, seit er vor ein paar Monaten hier mit Sandra allein gewesen war. Es war ein lauer Sonntagnachmittaqg gewesen. Die anderen hatten irgendwie Karten für den HSV gekommen oder trafen sich am Stadion, wo sie sehen wollten, was so ging. Er hatte sich nie viel aus Fußball gemacht auch wenn er das die anderen nie wissen lassen würde. Er mochte die agressive Stimmung rund um das SPiel. Das Adrenalin und die zu Fäusten geballte Zukunftsangst.
An diesem Sonntag hatte er verpennt und als die anderen schon auf der Suche nach ein paar Kicks waren hatte er Sandra auf der Tischtennisplatte liegen sehen. sie war noch angetrunken und hatte geraucht. Trotzdem war er sich sicher, dass sie es auch gewollt hatte.
Jetzt saß sie neben ihm und lachte mit Boris. Ausgerechnet Boris.

Es hatte sich so vieles geändert seit diesem Nachmittag. Seine Lehrstelle war weg, seine Mutter hing wieder an der Flasche und seine kleine Schwester verwandelte sich zunehmend in ein Flittchen.
Jetzt kam ihm Boris noch mit seien blöden Sprüchen. Boris, der sich für was besseres hielt, weil er mit seiner dämlichen Karre jeden verdammten Morgen rausfuhr zu Airbus. Der in der Tanke einen riesen Aufriss macht weil die kein Budweiser haben. Boris, der Sandra an den Hintern fasst wenn sie mal wieder besoffen ist und nicht weiss, bei wem sie pennen soll.

Ich bin 19. Ich kann selber denken, schreit er als er die Fassung verliert und Boris seine halbvolle Bierflasche über den Schädel ziehen will.
Er war noch nie sehr sportlich. Als Boris ihm ausweicht stolpert er und fällt. Die Scherben der Bierflasche reissen seine Jacke auf und das Blut, das von seiner Stirn tropft vermischt sich mit den Tränen.

Auf dem Weg nach Hause tritt er noch fünf Aussenspiegel ab vor Wut. Weil er sich doch eigentlich beherrschen wollte.

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