Küchenfensterblick
Mittwoch, 31. Mai 2006
Einer dieser Tage
Schon in der Bahn überkam ihn diese Müdigkeit, die nichts mit Schlaf zu tun hat. Er spürte, wie sich die Trägheit über seinen Körper legte und seine Gedanken lähmte. Wie lange machte er das jetzt schon mit?
Er dachte zurück an die ersten Tage und den Glamour, die Aufregung und die interessanten Gespräche. Obwohl, waren sie interessant?
Der Unternehmer, der jetzt mal ganz was anderes tun wollte und sich zur Weltumrundung per Segelboot aufmachte? Er hatte alles so detailliert geplant wie in der Firma.
Der Priester, der sich verliebt hatte? Ein Heuchler vor dem Herrn, der Absolution wollte.
Anfangs hatte es ihn noch fasziniert. Er war eitel und stolz und die Aufmerksamkeit, mit der ihm andere an den Lippen hingen, war Balsam auf seiner unsicheren Seele. Er war süchtig geworden danach und die Sucht hatte ihn ausgehöhlt. Er war Gefäß geworden für die immer neuen Einfälle der Sendeleiter und Produktionsplaner. Ein Quotenmännchen. Formbar. Anpassungsfähig. Gleichgültig.
Mit einem Seufzer stieg er aus dem 1. Klasse Abteil und machte sich auf den Weg ins Studio. Man brauchte ihn noch.

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