Küchenfensterblick
Freitag, 2. Juni 2006
Matter is dust
Er legt das Buch beiseite und nimmt noch ein Schluck Rotwein. Irgendwann heute morgen hatte er den Roman in einer dunklen Ecke wiederentdeckt und angefangen die ersten Seiten zu lesen. Wie damals noch im Studium suchte er sich ohne von den Seiten aufzublicken einen Stuhl und verlor sich in den Wörtern. Die knappen Sätze, die kurzen Kapitel. Messerscharf, komisch und traurig zugleich. Stimmungsbilder, Momentaufnahmen als großes Ganzes. Mittendrin erinnerte er sich an eine Kurzgeschichte von Djian und holte den Wein. Jetzt, draussen ist die Sonne bereits untergegangen, streicht er noch einmal über den Buckdeckel von "Dreaming of Babylon".

Richard Brautigan hat eine Menge phantastischer Bücher geschrieben. Aber diese kleine Detektivgeschichte mit diesem depressiven, selbstmitleidigen Phillip Marlow-Verschnitt berührt mich immer wieder.

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Mittwoch, 31. Mai 2006
Einer dieser Tage
Schon in der Bahn überkam ihn diese Müdigkeit, die nichts mit Schlaf zu tun hat. Er spürte, wie sich die Trägheit über seinen Körper legte und seine Gedanken lähmte. Wie lange machte er das jetzt schon mit?
Er dachte zurück an die ersten Tage und den Glamour, die Aufregung und die interessanten Gespräche. Obwohl, waren sie interessant?
Der Unternehmer, der jetzt mal ganz was anderes tun wollte und sich zur Weltumrundung per Segelboot aufmachte? Er hatte alles so detailliert geplant wie in der Firma.
Der Priester, der sich verliebt hatte? Ein Heuchler vor dem Herrn, der Absolution wollte.
Anfangs hatte es ihn noch fasziniert. Er war eitel und stolz und die Aufmerksamkeit, mit der ihm andere an den Lippen hingen, war Balsam auf seiner unsicheren Seele. Er war süchtig geworden danach und die Sucht hatte ihn ausgehöhlt. Er war Gefäß geworden für die immer neuen Einfälle der Sendeleiter und Produktionsplaner. Ein Quotenmännchen. Formbar. Anpassungsfähig. Gleichgültig.
Mit einem Seufzer stieg er aus dem 1. Klasse Abteil und machte sich auf den Weg ins Studio. Man brauchte ihn noch.

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Montag, 29. Mai 2006
Junggesellenabschied
Als sich die vier Männer zum Abschied in den Arm nahmen, merkten sie erst, dass das Wochenende nichts besonderes gewesen war. Merkten, dass die Vertrautheit über die Jahre nicht nachgelassen hatte. Dass diese stummen Übereinkünfte noch funktionierten. Dass es egal war, ob sie in vier verschieden Städten und über zwei Erdteile verstreut lebten. Sie hatten es genossen über sich selbst zu lachen. Darüber, dass sie älter geworden sind. Sie konnten immernoch bis 5 Uhr Bier in einer schmuddeligen Indiedisko trinken. Es fühlte sich noch immer normal an und sie waren froh und fuhren heim zu ihren Kindern und ihren Frauen.
Das machte es so besonders.

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Dienstag, 23. Mai 2006
TickTack
TickTack, TickTack verrinnt die Zeit
zum Atmen kaum Gelegenheit
bin von der Arbeit ich befreit
wartet daheim ein Kind und schreit

TickTack, TickTack ein neuer Tag
meist mach ich etwas was ich mag
oft sitz ich grübelnd da und frag
ob ich zuviele Lasten trag

TickTack, TickTack zu guter letzt
fühl ich mich abends meist gehetzt
so hab ich mich dann oft verschätzt
mit einem falschen Wort verletzt

TickTack, TickTack so geht es weiter
am Ende eigentlich meist heiter
was kümmert die Karriereleiter
so bleiben die Gedanken weiter

TickTack, TickTack nehm ich mir Zeit
für mich, für andere - die mir bleibt
und mach für mich das beste draus
danke bis hier, ich bin kurz raus

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Freitag, 19. Mai 2006
Mal was ganz anderes
Während hier im Hintergrund das erste Album der Tindersticks läuft, entdecke ich die Amazon-Werbung für Bravo-Hits 53 auf diese Seite.
Ich müsste das ändern. Irgendwie mich durch diese Einstellungen durcharbeiten und den Code für die Werbeeinblendungen löschen.
Wenn ich das richtig sehe, dann refinanziert solche Werbung jedoch den Blog-Host.
Vor 10 Jahren wäre mir das egal gewesen. Ich hätte gelöscht was das Zeug hält.
Daran merkt man also, dass man älter wird. Und dass auch die Bravo-Hits für etwas gut sein können.
Dennoch möchte ich jedem der über diese Seite stolpert die Tinderstick ans Herz legen, deren Sänger Stuart Staples anscheinend gerade auf kleiner Tour ist, wie ich der Litfaßsäule (oder doch mit drei s) auf dem morgendlichen Weg zur Kita entnehme.
Alternative Musiktipps werde ich eine plötzlichen Eingebung folgen auch hier in Form kleiner Texte unterbringen.

Sollte jedoch die Werbung auf diese Seite jedoch keinen wünschenswerten Zweck erfüllen, so mögen man mir das bitte umgehend mitteilen.

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