Küchenfensterblick
Freitag, 29. Dezember 2006
Einen guten Rutsch
... wünsche ich allen, die hier immer wieder mal reinstolpern. In den kommenden Wochen wird es hier wieder lebhafter werden. Ab März dann vorübergehend eher wieder etwas mau und dann sehen wir weiter.
Jedenfalls geht ein bewegtes Jahr zu Ende. Erstaunlich finde ich, wieviel Text ich dann doch hier gelassen habe. Manches immerhin mag ich noch immer und ich bin froh, dass ich es durchgehalten habe. Der Vorsatz fürs kommende Jahr lautet also weitermachen. In allen Bereichen. Und mir nicht den Spaß verderben lassen. Nirgends, nie und von niemandem.
Alles Gute.

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Mittwoch, 20. Dezember 2006
Weihnachtswochen
Endlich der Hektik entkommen. Den Rotwein aufmachen. Gans im Ofen. Tannengeruch, Geschenkpapierknistern. Kinderaugenleuchten. Die Familie zu Besuch. Auf dem Sofa liegend in den neuen Büchern lesen. Musik im Hintergrund. Gläserklirren und Geschirrklappern aus der Küche. Auf dem Boden kriechen und die verschwundenen Dominosteine suchen. Plätzchen essen. Einen Grappa zum Abschluss.
Ob ich die Schlagzahl hier wieder erhöhen kann wird sich zeigen.
Frohe Weihnachten - wo immer, wer immer ihr seid.
Oder mit Tom Liwa: "Liebe ist in der Luft"
Also: Vergesst das Atmen nicht.

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Donnerstag, 14. Dezember 2006
An der Ecke
Jeden Morgen steht er an der Ecke vor dem Reisebüro. Hager, grau und wartend. Seit Monaten - jeden Morgen. Manchmal, wenn ich abends an der Stelle vorbeikomme steht er noch immer dort. Ich habe ihn nie sitzen gesehen. Dabei müsste er nur die Straße überqueren und könnte sich eine der beiden Bänke aussuchen.
Seine Schuhe lösen sich auf. Seine Hose hat Löcher, die Jacke hat er in Fetzen um die Brust gebunden. Er wartet schweigend. Nimmt nichts um sich herum wahr (oder alles, wer weiß). Er raucht nicht, er trinkt nicht. Er steht und wartet.
Mehrfach habe ich gesehen, wie im Leute etwas angeboten haben. Einen Pullover für ihn sichtbar platzierten, eine Hose. Es scherte ihn nicht.
Einige sagen, er hätte früher in diesem Haus gewohnt. Manche meinen sich an ein Unglück erinnern zu können.
Es wird wieder kälter. Der zweite Winter seit ich ihn wahrnehme. Was er auch verloren hat, worauf auch immer er wartet. Ich hoffe es kommt schnell und leise.

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Freitag, 8. Dezember 2006
Komm schon
Baby, ruft er. Komm schon, mach die Augen zu, ruft er. Spring!
Der Fall ist langsam. Sie beginnt sich zu drehen. Um sie herum beginnt es sich zu drehen. Sie ist jetzt ganz still. No more moving around. Die Stille - Seltsam, denkt sie. Seltsam, dass er da unten auf mich wartet und mich doch nie fangen wird.
Sie ändert die Richtung.
Mitten im Sprung überlegt sie es sich anders und kehrt um. Es ist leicht. Sie ist schwerelos. Sie ist Schwerkraft. Sie ist der Punkt und die Angel, er ist die Welt.
Nichts bewegt sich.
Sie öffnet die Augen und er steht vor ihr. Ganz nah steht er vor ihr.
Schön, sagt sie, lass uns gehen.

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Dienstag, 5. Dezember 2006
Generation Praktikum
"Du kannst auch gerne mal unter mir arbeiten", begrüßte sie der Leiter des anderen Teams in der Küche. Sein süffisantes Lächeln war so unecht wie seine goldenen Manschettenknöpfe.
Dafür also war sie eine der besten ihres Studiengangs gewesen. Sie hatte schon gehört von der Arroganz der Agenturältesten. Von ihrer satten selbstzufriedenen Großkotzigkeit. Die Gnade der frühen Geburt hatte diese Typen vor dem Absturz bewahrt. Als die New Economy ihren Höhepunkt erreicht hatte, waren sie im Fahrwasser des Hypes auf ihre Positionen gespült worden.
Sie lächelte zurück: "Hört sich toll an. Ich schlage vor, wir fangen mit leichten Handarbeiten an. Dann eine mündliche Prüfung und dann sehen wir mal, welche Jobs mir so in den Schoß fallen, was? Die Fotos von der Weihnachtsfeier sind übrigens toll geworden. Genau passend für mein kleines Internettagebuch. Schönen Tag noch."

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