Küchenfensterblick
Dienstag, 16. Mai 2006
Nahe liegend
- Gekündigt? Alles hingeschmissen? Was soll das heißen? Ich verstehe das nicht!

Ihre Stimme kippte ins hysterische und er wusste, dass dieser Moment entscheidend sein würde.

- Es war einfach nahe liegend, verstehst Du? Ich meine, wir leben immer mehr aneinander vorbei. Die Kinder sind aus dem Haus und eigentlich sollten jetzt die besten Jahre unseres Lebens anfangen. Ich habe mehr als 25 Jahre gearbeitet, damit es uns einmal besser geht als damals unseren Eltern. Dafür habe ich meine Kinder nur am Wochenende gesehen und Dich ein paar Stunden mehr. Wenn wir in den Urlaub fahren bin ich zu mehr als schlafen kaum in der Lage. Ich stehe um sechs Uhr auf und gehe um Mitternacht ins Bett. Seit 25 Jahre. Ich fühle mich schon nicht mehr wie ein Mensch. Ich funktioniere nurnoch. Manchmal frage ich mich sogar, ob es einen Unterschied macht ob ich überhaupt nach Hause komme. Ich will das nicht mehr. Ich will dieses ganze verdammte Geld nehmen und etwas damit machen. Für mich machen, für uns. Ich habe keine Ahnung was und das erschreckt mich am meisten. Aber ich werde es nie herausfinden, wenn ich es nicht versuche. Du kannst mit mir kommen oder es bleiben lassen. Aber ich werde es tun.

Er war es gewohnt Vorträge zu halten, aber sein Herz raste. In ihm baute sich eine Anspannung auf, die er fast vergessen hatte. Angst gemischt mit dem Drang nach Veränderung. Er blickte ihr in die Augen und wartete.

Sie nahm sich Zeit bevor sie aufblickte. Ihre Lippen zitterten noch als sich das Lächeln bereits in ihren Augen abzeichnete.

- Gut, dann fange ich an zu packen.