Küchenfensterblick
Montag, 30. Oktober 2006
Sehr lieb
Sie spuckte sich fast den Kaffee auf ihr Nachthemd. Was hatte dieser Trottel sich nur gedacht?
Sie hatte den weißen Schemen auf der Hecke schon beim ersten Blick aus dem Fenster gesehen. Aber ohne Brille hatte sie nicht erkennen können, was da auf der anderen Strassenseite gegenüber ihres Fensters los war. Also hatte sie den Kaffee aufgesetzt und ihre Brille gesucht. Als sie sie endlich aufhatte, war der Kaffee erstmal wichtiger. Dann hatte das weiße Bettlaken gegenüber wieder ihre Aufmerksamkeit erhascht.
"KATHi, iCH HAb DiCH SO LiEb" stand da in krakeliger Schrift und seltsamer Groß-/Kleinschreibung.
Das war süß, das war typisch er und das war ein riesen Problem. Denn jeden Moment würde ihr Mann von Montage zurückkommen und dieser Trottel der sie da so lieb hatte, wußte überhaupt nicht, worauf er sich eingelassen hatte.
Sie merkte, wie ihre Hand zu zittern begann. Als sich der Schlüssel im Schloß drehte ließ sie die Tasse fallen und fing leise an zu weinen.