Küchenfensterblick
Dienstag, 31. Oktober 2006
Arbeit, Freizeit und das Grundeinkommen
Bei Wirres habe ich gerade den sehr ausführlichen Beitrag über die Grundeinkommensdiskussion zwischen Götz Werner und Fritz Kuhn gelesen.
Faszinierende Sache das, die ich schon länger verfolge. Klar, es wäre ein radikaler Wandel des Steuersystems einerseits. Vor allem aber ein radikaler Wandel im Wertedenken unserer Gesellschaft.
Wie schon häufiger geschrieben arbeite ich in Teilzeit. Ich merke immer wieder, wie falsch das Bild meiner Umgebung ist wenn es darum geht, was ich in dieser freien Zeit machen. Und wenn es darum geht was ich dafür (an Opportunitätskosten) bezahle.
Es ist ja nicht so, dass ich nach Hause komme und mich mit einem Buch aufs Sofa lege umFrau und Kindern zuzuschauen, die entspannt und gut gelaunt um mich herumwuseln, um mir abwechselnd Kaffee, Kekse oder meine Pantoffeln zu bringen.
In den Stunden die ich nicht arbeite bin ich damit beschäftigt klassischen Haushaltsaufgaben nachzukommen und mich um meine beiden kleinen Kinder zu kümmern. Mal mit und mal ohne meine Frau. Das ist schön und macht auch Spaß, aber das ist auch anstrengend und aufreibend.
Wenn ich dann Kollegen höre, die mich beneiden, muss ich manchmal fast schon mit dem Kopf schütteln.
Ich kann mich andererseits noch gut erinnern wie vor gut vier Jahren, als es meinem damaligen Arbeitgeber nicht so richtig gut ging, ein Rundschreiben an alle Mitarbeiter ging, ob sich der eine oder andere vorstellen könne für ein paar Monate die Arbeitszeit zu reduzieren, um die Jahreszahlen dadurch so aufzuhübschen, dass es nicht zu Entlassungen im Folgejahr kommen muss (US-Töchter und Managment by Excel lassen grüßen). Von 30 Angestellten an unserem Standort war nur einer dazu bereit. Fazit: Er hatte drei tolle Monate mit verlängerten Wochenenden und am Ende wurden zwei Kollegen nach der Ausbildung nicht übernommen obwohl sie gut waren.
Aber zurück zum Grundeinkommen.
Ich muss zugeben, dass ich das romantisch verklärt sehe. Ich arbeite gerne, ab es nervt mich, dass ich so sehr auf die Zahlen schielen muss. Mein Traum war es schon immer, eine Art Leibrente ausgezahlt zu bekommen und mir mit einer gewissen finaziellen Sicherheit im Rücken zu überlegen, wie ich meine ganz persönlichen Fähigkeiten für mich und die Gesellschaft nutzen kann.
So nutze ich einen Teil dieser Fähigkeiten um Geld zu verdienen und mir fehlt meist die Zeit dafür, die übrigen für mich befriedigend einzusetzen.
Mit einem Grundeinkommen würde ich ja nicht aufhören zu arbeiten. Aber da ich kein Konsummensch bin, bzw. mehr Befriedigung aus einer langsam geschmorten Lammkeule und einem Abend mit Freunden ziehe als aus einer neuen Jacke, einem schnellen Auto oder anderen Lifestylegütern, käme mir ein Grundeinkommen sehr entgegen. Ich will garnicht soviel konsumieren (jedenfalls nicht im Luxusbereich) also muss ich auch weniger Arbeitszeit aufbringen um mir das Leben finanzieren zu können, das ich mir vorstelle.
Die Freiheit, das zu tun was einem Spaß macht (laut meinem Vater das Wichtigste an der Arbeit) beinhaltet soviel Energie (allein schon weil die Motivation intrinischer Natur ist und damit wesentlich stärker als extrinsische Motivationsfaktoren wie Gehalt und Firmenwagen), dass ich mir schon vorstellen kann, dass darauf eine freiere, kreativere und friedlichere Gesellschaft entstehen kann.
Mal ganz abgesehen davon, wie sich dieses Modell auf die Geburtenraten auswirken würde...