Küchenfensterblick
Sonntag, 26. März 2006
Gegen Ende
Erst hatte sie sich gefangen gefühlt. Dieser alte Körper, der sie immer mehr im Stich ließ. Sie hatte geweint, als sie den Rollstuhl zur Tür hereinbrachten. Sie hatte geflucht über ihre alten Knochen. Die Gelenke, die zu nichts mehr zu gebrauchen waren. Sie hatte sich gewehrt. Jahrelang. Vor Verbitterung war sie immer stiller geworden. Dabei hatte sie so schön gesungen. Damals. Seit sie nicht mehr tanzen konnte, war ihr die Musik grausam geworden.
In diese Stille hinein hat man ihr den Neuen geschickt. Erst war er ihr eine Zumutung. Seine mangelnde Erfahrung im Umgang mit ihrem alten Körper. Die Scham, der Schmerz. Er war geblieben. Immer ein paar Minuten länger als nötig. Hatte sich hingesetzt ans Fenster, den Vorhang leicht zugezogen, um sie nicht den Sonnenstrahlen auszusetzen.
Nach ein paar Tagen brachte er Papier.
„Sollen wir anfagen?“
Und mit jedem Wort ließ ihr Schmerz nach.

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