Küchenfensterblick
Donnerstag, 15. Februar 2007
Familienmodelle
Die FTD hat in ihrer heutigen Ausgabe mehrere Artikel und Kommentare rund um das Thema Kinderbetreuung und Familienmodelle im Blatt. Nahezu unterschreiben konnte ich den Kommentar Die bessere Hälfte.
Es ist auch meiner Meinung nach an der Zeit, dass die Unternehmen umdenken. Dass die Gesellschaft umdenkt. Der allzeit verfügbare, Vollzeit arbeitende Mitarbeiter - ganz gleich auf welcher beruflichen Ebene - geht an der Realität (auch der gut ausgebildeter) 28 - 40 jähriger Frauen (und hoffentlich auch immer mehr Männern) vorbei, die neben einer Karriere auch eine Familie haben wollen.
Was in den allermeisten Diskussionen aber zu kurz kommt ist der Mittelweg zwischen den beiden Polen Beruf und Familie. Müssen wir immer in einem völlig aufgehen?
Da wird einerseits gefordert, dass es mehr Ganztagsbetreuung für unter 3jährige geben müsse, dass Frauen der Wiedereinstieg in den Job erleichtert werden müsse etc. Dann aber bitte in Vollzeit, man hat als Unternehmen ja nichts zu verschenken.
Auf der anderen Seite ist die CDU in weiten Teilen immer noch in einem traditionellen Familienbild gefangen, dass an den Realitäten vieler Frauen (mindestens den Hochqualifizierten) vorbei geht, denn wer nach der Geburt drei Jahre komplett zuhause bleibt wird es verdammt schwer haben, beruflich weiter zu kommen. Jedenfalls erst recht, wenn er (besser sie) dann Teilzeit arbeiten will.

Es scheint mir manchmal so zu sein, dass die Digitalisierung so vieler Lebensbereiche dazu führt, dass Menschen (und nichts anderes steckt hinter Unternehmen) nur noch in 1 und 0 denken. Ich merke das auch in vielen privaten Diskussionen – ganz gleich ob mit Kinderlosen oder Eltern. Die Angst beruflich etwas aufgeben zu müssen steckt tief. Da wirken sicherlich auch die 80er Jahre und viele der damals populären Werte und Vorstellungen nach, die meine Generation nun mal stark geprägt haben. Wenn ein Kind aber erstmal da ist, dann fällt es ebenfalls schwer Zeit mit diesem Kind aufzugeben. Schließlich will man ja auch aktiv erziehen und diese Aufgabe nicht wegdelegieren. (Denn wenn beide Elternteile 50 Stunden Wochen schieben und die Nanny aufs Kind aufpasst, kommt auch bei mir das Gefühl hoch, das „Kind“ noch im Lebenslauf fehlte.)

Es ist schon spannend zu sehen, wie die Familienministerin sich grade in ihrer Partei unbeliebt macht. Ich tue mich schwer damit, Frau von der Leyen gut zu finden. Aber ich ärgere mich wahnsinnig über die Artikel in der Süddeutschen SZ Ueberschriftenwechsel
und wie da in der Online-Überschrift zunächst die Frage des Interviewers verwendet wurde. Manipulation wie ich es gerade von der SZ nicht erwarte. Wurde dann aber geändert.
Auch der Stern hat auf der letzten Ausgabe ein Interview mit ihr total dämlich angekündigt. Vielleicht auch, weil sie zu schnell und zu wendig ist, um sich in die Ecke drängen zu lassen, die medial von einer CDU Familienministerin erwartet wird.
Dass Kitas Ländersache sind, hätte sie aber ruhig früher berücksichtigen sollen…

Egal, worum es mir geht ist die mangelnde Öffentlichkeit für alternative Arbeitsmodelle in Festanstellung. Jobsharing, Home Office Lösungen (die nebenbei bemerkt mit zwei lärmenden Kindern um einen herum nicht immer praktikabel sind) sind bislang seltenst gelebte Worthülsen. Deckmäntelchen der Politik und einiger weniger Unternehmen.

Was mir fehlt ist das gesellschaftliche Bewusstsein für die Lage in der viele junge Familien gerade stecken. Was da für ein Druck aufgebaut wurde durch eine quartalszahlengetriebene, shareholdervalue orientierte Wirtschaft, die die Gesellschaft durch Aktienoptionen und private Portfoliooptimierung einfach mit ins Boot geholt hat.
Wenn die in der aktuellen Brand 1 thematisierten Wikinomics wirklich kommen, wenn Wirtschaft und Unternehmen transparenter werden, wird dann der Mitarbeiter als soziales Wesen wieder wichtiger?